Exkursion Botanik - Ornithologischer Verein Gais AR

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Exkursion Botanik

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Das Kleckelmoos bei Gais, ein uralter und überaus spannender Lebensraum               29.06.2012

Die 13 Teilnehmer an der botanischen Exkursion des ornithologischen Vereins Gais unter der versierten Führung von Röbi Nagel wurden gleich zu Anfang mit dem Gedanken konfrontiert an einer Stelle zu stehen, wo zur Zeit des Rheingletschers sich 250m dickes Eis ausdehnte……So war man schon mitten drin in den Vorstellungen wie diese besondere Landschaft entstanden sein musste….. Der Rückzug des Eises machte einem See Platz, der die Ebene bedeckte, langsam verlandete, zu einem Sumpfgebiet wurde, wo über Jahrtausende Pflanzen verrotteten und eine dicke Torfschicht wachsen liessen. Wo dieser Torf nicht während des Krieges als Brennmaterial abgebaut worden ist oder die Feuchtgebiete nicht durch Entwässerung „urbar“ gemacht worden sind, trifft man wie im Kleckelmoos noch auf die typischen Sumpfpflanzen.


Die Streuewiese gleich hinter der letzten Kuhweide im Schachen bot eine Riesenfülle verschiedenster Arten.
Bei den Orchideen waren es vor allem das Fuchs‘Knabenkraut, die zart riechende Mückenhandwurz, das weisse Breitkölbchen, das Zweiblatt, die weisse Sumpfwurz und gar eine Kugelorchis.
Vom Wiesenbocksbart war nur noch der löwenzahnartige Samenstand zu sehen, während der Klappertopf, der dunkelbraune Wiesenknopf, die Wiesenflockenblume und viele andere noch voll in Blüte standen.
Das Mädesüss - die dicken weichen hellen Blütenbäusche riechen nach Honig - heisst auch Spierstaude, Rüsterstaude und Moorgeissbart.
Es enthält wie die Weidenrinde Salizyl und kann als natürliches Aspirin verwendet werden. Bescheiden drückte sich der kleine Sumpfhahnenfuss mit den schmalen Blättern dem Boden nach, während der eisenhutblättrige Hahnenfuss seine weissen Blütenblätter schon abgeworfen hatte .

Das Vordringen ins eigentliche Hochmoorgebiet verlangte grosse Vorsicht, um möglichst wenig des diffizilen Bodens zu zerstören…  Hochmoor heisst dieser Lebensraum nicht etwa wegen seiner „Höhe über Meer“ sondern wegen seiner Entstehung aus stetig in die Höhe wachsenden abgestorbenen Pflanzenteilen des typischen Torfmooses. Nur 1m wächst die Torfschicht innerhalb von tausend Jahren!! Da versteht sich von selbst, dass auf jegliche Verwendung von Torf verzichtet werden müsste. Das Sphagnum oder Torfmoos mit seinen typischen „edelweissähnlichen“ Köpfchen ist denn auch der wichtigste Vertreter der wenigen „Hochmoorzeiger“, die auf dem nährstoffarmen, sauren Untergrund überleben können. Da der Boden zu wenig hergibt, entwickelten die „Insektenfresser“ wie das Fettblatt und der rundblättrige Sonnentau dazu eine besondere Strategie. Klein und unscheinbar scheinen die Blattrosetten mit den rötlichen klebrigen Fangdüsen, die wie Igelchen aufstehen und sich nach unvorsichtigen Insekten ausstrecken, um sie „einzufangen“ und mit besonderen Sekreten zu “verdauen“. Weitere Hochmoorzeiger sind Rosmarinheide, Moosbeere und das Scheidenwollgras.

Gut geschützt vor „unvorsichtigen Pilzsuchern“ durch eine Birkenumfriedung präsentierte sich das besondere Kleinod des Kleckelmooses, ein seltenes Relikt aus der Nacheiszeit, die „betula nana“ oder Zwergbirke mit ihren dekorativen rundgezähnten Blättchen. Es gibt sie nur noch an wenigen Standorten in der Schweiz. Hier war sie bereits einmal verschwunden, konnte aber durch früher gewonnene Samen eines “Kleckelmooser Ururgrossvaters“ im botanischen Garten St.Gallen neu gezogen und wieder ausgepflanzt werden……   Spannend nicht wahr?!

Der nächste Beobachtungsort war der Weiher mit seinem dichtbewachsenen Inselchen. Gelbe Schwertlilien, die Überreste des seltenen Straussgilbweiderichs, das schwimmende Laichkraut und die pfeilförmigen Blätter des Pfeilkrauts waren die Besonderheiten hier. Aber ganz speziell grüssten die dekorativen Sterne des dunkelroten Sumpfblutauges vom Ufer her. Man kann es nicht in jedem x-beliebigen Sumpfgebiet antreffen. Durch seine Schönheit und Besonderheit unterscheidet es sich von seinen anderen bescheidenen Fingerkrautverwandten.



Interessant waren auch die Gedanken zur Samenverbreitung verschiedener Pflanzenarten: Der Wind, der die Verbreitung der geflügelten Samen von Löwenzahn und Habermark und vieler anderer übernimmt, die Vögel die via Kot die Samen verteilen, die Fruchtknollen der Herbstzeit lose, die sich zwischen den Zehen von Paarhufern festklemmen und so ein Stück weit „mitwandern“, die Grannenhaare der Bachnelkenwurz, die sich an Tierfelle anklammern.
So war der Abend erfüllt mit tausend interessanten Informationen und noch nie gehörten Details über eine Pflanzenwelt, die sich gerade eben vor der Gaiser Haustüre präsentiert: Ein immenser Schatz an unverfälschter Natur, zu dem es Sorge zu tragen gilt!!!!
Ein herzlicher Dank richtet sich an Röbi Nagel, der mit seinen unerschöpflichen Kenntnissen auf alle Fragen Antwort wusste. Müde und erfüllt von all dem Spannenden machten sich die Teilnehmer auf den Heimweg. Eine Familie war gar aus dem Zöribiet angereist…..!!!.

Gais,
Katharina Germann / Fotos Urs Baumann


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