Chlaushöck 17 Bartgeier Vortrag - Ornithologischer Verein Gais AR

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Chlaushöck 17 Bartgeier Vortrag

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Vortrag am Chlaushöck von Agneta Heuman über "Bartgeier, die erstaunlichen, imposanten Riesen der Lüfte"
 
Trotz hochwinterlichem Pudelwetter hatte sich der Kronensaal am Freitagabend zusehends gefüllt. Der Ornithologische Verein Gais feierte seinen Chlaushöck mit einem Vortrag über Bartgeier. Sogar eine Schulklasse folgte aufmerksam den spannenden Ausführungen von Biologin Agneta Heuman, die letzten Sommer mit zwei im Engelbergertal  ausgesetzten Jungvögeln, mit „Johannes und Senta“ auf Du und Du gelebt hatte.
 
Sein Ruf und seine Aufgabe
 
Der Bartgeier ist wohl nicht gerade ansprechend und hatte immer einen schlechten Ruf, ein unappetitlicher Aasfresser, ein Lamm- und Ziegenräuber, gar ein Angreifer auf Hirtenbübchen, wie es alte Zeitungsartikel und Ammenmärchen glauben machen wollen. Gründe genug, um ihn auszurotten.
 
Dabei ist der majestätische Vogel mit seinen 2,85 m Spannweite, seinen 70cm langen Schwungfedern und seinen unendlichen Segelkünsten ein beeindruckender Vogel und ein wichtiger Gesundheitspolizist, vor allem auf Ablagerungsplätzen in Entwicklungsländern, wo er wegen Giften in der Nahrung und andern Einflüssen  fast verschwand. Eine Bilddokumentation zeigte wie ein totes Schaf in etwas mehr als zwei Stunden mit Haut und Haar und Knochen verschwand, ein Werk der Kolkraben, Elstern und … Bartgeier…!
 
Eigentümliche Ernährungsgewohnheiten….
 
Apropos Nahrung: Bartgeier ernähren sich zu einem grossen Teil aus veritablen Knochen, auch älteren Datums, die sich dank „dehnbarer“ Hals- und Kieferstruktur ganz herunterschlucken und mit viel Salzsäure im Magen vollkommen zersetzen und verwerten lassen und gleichviel Nährstoffe enthalten wie Fleisch….. Jungvögel müssen allerdings mit Muskelfleisch gefüttert werden und lernen erst mit der Zeit kleinere Knochen zu verdauen.
 
…und bunte Mineralbäder
 
Eine angeborene Gewohnheit treibt den Bartgeier dazu, seine eigentlich weisse Unterseite von Zeit zu Zeit in rotbraunem eisenhaltigem Schlamm zu suhlen, um sich für die Weibchen eine hübsche Farbe zuzulegen? um sich gegen Parasiten? und Pilzkrankheiten beim Brüten zu schützen?
 
Brüten im Hochwinter?
 
Interessant sind auch die Aufzuchtzeiten. Mitten im Winter legt das Weibchen zwei Eier im Abstand einer Woche. Aufgezogen wird nur ein Jungtier, das zweite gilt als Reserve, wenn das erste aus irgendeinem Grund ausfällt. Aufnahmen zeigten die Jungen am schattigen Brutplatz im Hochwinter, wochenlang bei Minustemperaturen… Warum im Winter? Wenn der Schnee zu schmelzen beginnt und der Nahrungsbedarf der Brut am grössten ist, finden sich am meisten tote Wildtiere, die den Lawinen, dem Nahrungsmangel, der Kälte zum Opfer gefallen sind. So ist der Tisch für die Bartgeier nie so reich gedeckt wie im frühen Frühling.
 
Was nach der Ausrottung alles geschehen ist
 
Ein zweiter Teil des Abends beleuchtete die früheren und heutigen Verbreitungsgebiete nach den Bestrebungen zur Wiederansiedlung. Dank Sendern können auch die „Reisen“ der Jungvögel verfolgt werden. Oft machen sie Tausende von Kilometern in den Jugendjahren, um sich dann auf ein bestimmtes kleines Gebiet, ihr späteres Brutgebiet, zu fokussieren. Für die Auswilderungen besteht ein Netzwerk von 40 Zuchtstationen in Europa, wo „passende Paare“ genetischer Abstammung entsprechend, zusammengeführt und ihre Jungtiere (512 Expl. bis jetzt) aufgezogen werden. 3 Wochen vor ihrer Flugfähigkeit werden sie an einem günstigen Platz ausgesetzt – wie z.B. 2017 in Melchsee-Frutt. In einer Beobachtungsstation konnten dort Gäste empfangen werden um das Geschehen zu verfolgen. Auch eine Webcamera lieferte Einblicke in den Tagesablauf, der für die Betreuer um 5 30h mit „Füttern“ begann und beim Einbrechen der Dunkelheit endete…
 
Mittlerweile gibt es wieder im ganzen Alpenbogen erfolgreiche Brutpaare. Die Stiftung „Pro Bartgeier“ nimmt sich der Entwicklung, Überwachung und weiteren Auswilderung an.  
 
Auf der Webseite bartgeier.ch sind viele weitere Informationen zu finden…
 
Der Präsident des OV, Reinhold Wick, bedankte sich bei Agneta Heuman für die Riesenfülle an Wissenswertem über den aussergewöhnlichen Vogel und entliess die Besucherschar auf den Heimweg hinaus in den Schnee.
 
Wie es den brütenden Bartgeierpaaren in ihren eisigen Horsten  wohl jetzt gerade gehen mag????  
                 
 
Text        Katharina Germann              Fotos       Hansruedi Weyrich Copyright

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